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Mut: Was ist das eigentlich?

Mut ist gegenwärtig in aller Munde: Ob im Alltag, in der Politik oder in der Wirtschaft überall wird mehr Mut eingefordert.  Mut scheint das Gebot der Stunde zu sein. Vor lauter Mutig-sein-müssen bekommt man da fast die Krise – obwohl gerade in der Krise Mut gefragt ist. Und genau hier stellt sich die Frage: Was ist Mut eigentlich? Wovon reden wir da?


„Wer nichts waget, der darf nichts hoffen.“

Mit diesem Satz bringt Friedrich Schiller vor über zweihundert Jahren auf den Punkt: Mut ist mehr als Heldenmut. Er ist mehr als das Bild des Kämpfers, der ohne Zögern in die Arena stürzt. Und: Im Mut schimmert Hoffnung durch.


Schon die Philosophen der Antike haben sich gefragt, was Mut ist. Sokrates diskutiert im Dialog Laches: Mut müsse mehr sein als bloße Tapferkeit im Kampf – nämlich eine Haltung, die auf Wissen und Einsicht gründet. Mut ist nicht blindes Drauflosstürmen, sondern durchdachte Entschlossenheit. Aristoteles ging noch einen Schritt weiter. In seiner Nikomachischen Ethik beschreibt er Mut als Tugend der Mitte – zwischen den Extremen der Feigheit auf der einen und der Tollkühnheit auf der anderen Seite. Feige ist, wer aus Angst nichts wagt; tollkühn ist, wer ohne Abwägung ins Verderben rennt. Mutig ist, wer das Risiko erkennt, die Gefahr sieht – und dennoch handelt, weil er (oder sie) weiß, dass es richtig ist.


Diese Überlegungen sind erstaunlich modern. Sie zeigen: Mut ist keine einfache Heldentat, kein blindes Drauflosstürmen. Mut ist eine bewusste Entscheidung, Risiken wahrzunehmen, Angst zu regulieren und dennoch zu handeln – weil man überzeugt ist, dass es richtig ist.

 

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Dimensionen des Mutes


Aus heutiger Sicht lässt sich Mut in verschiedene Dimensionen zerlegen, die zusammen ein vielschichtiges Bild ergeben:


1. Risiko & Angstregulation

Mut setzt die Wahrnehmung von Gefahr oder Unsicherheit voraus. Ohne Risiko kein Mut. Entscheidend ist, dass Mut nicht die Abwesenheit von Angst bedeutet, sondern die Fähigkeit, Angst zu regulieren. Mutig handelt, wer seine Angst anerkennt – und trotzdem handelt. Damit unterscheidet sich Mut klar vom Leichtsinn.


2. Kognitive Urteilsfähigkeit & moralische Intuition

Mut bedeutet, zu erkennen, was in einer Situation richtig oder notwendig ist. Es geht nicht nur um das Handeln trotz Angst, sondern auch um das Handeln für ein höheres Ziel. Manche Definitionen (z. B. Rate et al., 2007) betonen ausdrücklich, dass Mut ein „noble, good, or worthy end“ anstreben muss. Mut braucht also Urteilskraft: die Fähigkeit, Gut von Böse, sinnvoll von sinnlos zu unterscheiden – und entsprechend zu handeln.

 

3. Hoffnung & Selbstwirksamkeit

Mut ist eng verbunden mit Zuversicht. Ohne Hoffnung auf Sinn oder Gelingen wirkt Risiko lähmend oder aussichtslos. Mut bedeutet, davon überzeugt zu sein: „Ich kann etwas bewirken“ – oder zumindest: „Ich halte auch das Scheitern aus.“ In der Psychologie spricht man hier von Selbstwirksamkeit: dem Glauben an die eigene Fähigkeit, Schwierigkeiten zu meistern.

 

4. Freier Willensentschluss

Mutige Handlungen entstehen nicht zufällig, sondern beruhen auf einer bewussten Entscheidung. Mut bedeutet, Absichten in Handlungen umzusetzen -  auch gegen Widerstände. Mut ist Ausdruck von Freiheit – sich für das Handeln zu entscheiden, obwohl es einfacher wäre, zu schweigen oder auszuweichen. Gleichzeitig zeigt sich hier auch eine gesellschaftliche Dimension: Nicht alle Menschen haben dieselben Handlungsspielräume. Wer in einer marginalisierten Position ist, trägt oft größere Risiken, wenn er oder sie mutig handelt.

 

5. Prosoziale Motivation & Verbundenheit

Mut ist oft prosozial motiviert. Viele mutige Handlungen geschehen nicht für das eigene Wohl, sondern aus Verantwortung für andere. Eltern, die ihre Kinder schützen; Menschen, die Missstände aufdecken; Bewegungen, die für Gerechtigkeit eintreten – sie alle zeigen Mut, der aus Empathie und Verbundenheit erwächst. Soziologisch betrachtet ist Mut eine Ressource für sozialen Wandel. Mutige Menschen oder Gruppen brechen mit Normen, schaffen Neues und verändern Gesellschaft.

 

Also: Eine Definition

Mut ist eine bewusste, willentliche Handlung trotz wahrgenommenen persönlichen Risikos – häufig begleitet von Angst – und gerichtet auf ein als sinnvoll oder wertvoll erachtetes Ziel.


Fazit

Mut verbindet Philosophie und Psychologie, Alltag und Heldentum. Er ist kein exklusiver Wert für Heldengeschichten, sondern eine Ressource, die wir in Familie, Beruf, Gesellschaft täglich brauchen. Mut heißt, der Angst nicht das letzte Wort zu überlassen. Mut heißt, für Werte, Menschen und Ideen einzustehen – auch wenn es unbequem ist. Und: Mut ist keine angeborene Eigenschaft, sondern eine Fähigkeit, die sich durch Übung und Erfahrung entwickeln lässt.

 

Wenn Sie mehr zum Thema Mut wissen möchten (oder gar mutiges Handeln trainieren wollen), nehmen Sie einfach Kontakt mit mir auf.

 
 
 

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Günter Kienböck

In diesem Blog widme ich mich dem Mut - in all seinen Facetten. In der Hoffnung, dabei ins Schwarze zu treffen.

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